PSA-Dokumentation – Sinnlose Papierflut
Gut gemeint ist nicht immer gut gelungen. Sicher hat die Industrie die Pflicht zu um-fassender Produktinformation. Sicher hat der Handel die Aufgabe einer umfassenden Kundeninformation. Sicher hat der Kunde einen Anspruch, in seiner Sprache angesprochen zu werden, egal, wo er herkommt. Sicherlich meint der Staat es nur gut, wenn er alle Beteiligten per Verordnung zu maximalem Bewusstsein zwingt. Oder geht es am Ende gar nicht um die Problemlösung für den Anwender, sondern nur um eine Alibiveranstaltung, die alle Beteiligten aus der Haftung entlässt? Auf Einladung des VTH Verband Technischer Handel e.V. (Düsseldorf) trafen sich in Wiesbaden Vertreter von Industrie, Berufsgenossenschaften und Technischem Handel zu einer Expertenrunde, die den Sinn einer ausufernden Dokumentationspflicht kritisch hinterfrug und pragmatische Lösungsansätze entwickelte.
Die fünf wichtigsten Forderungen:
- Es geht nicht darum, bei einem Unfall den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, sondern den Unfall zu vermeiden
- Hersteller sollen kommunikationsfähige Dokumentationen vorlegen, die der Technische Handel nicht überarbeiten muss
- praktische Dokumentation durch Konzentrat der wichtigsten 5 Punkte (OPI)
- grundlegende Dokumentation im Internet
- übergreifende Plattformen schaffen für Branchenstandards
Werner Heitmann
Leiter Marketing der Dräger Safety AG & Co. KGaA
„Unsere beratungsintensiven Produkte machen eine eigene Dokumentationsabteilung im Sinne des ProdSG notwendig. Als VTH TOP-Partner wie als marktführendes Unternehmen mit internationaler Ausrichtung stellen wir uns dieser Verantwortung, auch wenn der administrative und finanzielle Aufwand enorm ist. Deshalb müssen wir weiterhin an pragmatischen Lösungen arbeiten, die der gesamten Branche helfen, diesen Aufwand zu optimieren.“
Dipl.-Kfm. Wolfgang Möwius
Vorsitzender der VTH-Fachgruppe „Persönliche Schutzausrüstungen“ (PSA), Geschäftsführender Gesellschafter der Firma Möwius Arbeitsschutz GmbH
„Mit der Pflicht zur Dokumentation stärkt der Gesetzgeber die Rolle des Technischen Handels, der Beschaffungs- und Lagerhaltungskompetenz mit Fach- und Beratungskompetenz verbindet. Was macht denn der Technische Handel schon anderes, als den ganzen Tag Fragen zu beantworten? Diese Face-to-face-Beratung ist allerdings im Sinne dieses Gesetzes allemal zielführender als das Studium von 50 Seiten Papier.“
Dipl.-Ing. Karl-Heinz Noetel
BG BAU – Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Leiter Fachbereich Persönliche Schutzausrüstungen, Beauftragter der DGUV
„Ohne den Verfassern von Gesetzen zu nahe treten zu wollen: Die Vertreter in den Ländergremien sind nicht immer von Praxiswissen geprägt, und was herauskommt, wenn Juristen sich Gedanken über Arbeitsschutz machen, führt bei den Praktikern zum ‚dicken Hals‘. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, dass sich Industrie, Handel und Verbänden EU-weit koordinieren. Nur eine EU-Lobby ist in der Lage, genügend Druck für die Änderung einer EU-Richtlinie zugunsten des OPI-Konzepts auszuüben.“
Louis Schnabl
Baufachjournalist IKBT, Institut für Kommunikation Bau und Technik
„Letzten Endes trägt der Unternehmer die Verantwortung für die Sicherheit seiner Mitarbeiter. Deshalb müssen wir ihm helfen, seine Verantwortung wahrzunehmen – von der Kommunikation der wirtschaftlichen Aspekte der Haftung im Allgemeinen bis zur praktikablen Dokumentation im Detail.“
Dipl.-Volksw. Thomas Vierhaus
Hauptgeschäftsführer, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied VTH Verband Technischer Handel e.V.
„Was juristisch im grünen Bereich ist, ist oft lebensfremd. Es kann nicht sein, dass Richtlinien nur die Frage beantworten, wie man seinen Kopf aus der Haftungsschlinge zieht, statt die gleiche Energie zur Erhöhung der Sicherheit einzusetzen. Der Technische Handel, der das Dokumentationsmanagement schultern muss, möchte keine sinnlose und den Anwender überfordernde Papierflut weiterreichen, sondern ihm den besten Schutz anbieten.“