Innenausbau – mit Design und Innovationen in die Köpfe der Kunden
Manches war anscheinend „schon immer“ so. Wenn Apple ein neues iPhone oder iPad auf den Markt wirft, steht das vorher groß in der Presse. Dann stehen die Menschen schon in der Nacht zuvor Schlange, um möglichst am ersten Tag eines von den begehrten Geräten zu erhaschen. Und dann steht tags darauf wieder in der Presse, dass manche mit leeren Händen nach Hause gehen mussten. Der Hype um diese Geräte hat nicht primär mit ihrer technischen Qualität zu tun – die unterscheidet sich nicht wesentlich von Wettbewerbsprodukten. Wohl aber damit, dass es dem Hersteller gelungen ist, seine Marke von Anfang an emotional aufzuladen und mit einem Lebensgefühl zu verbinden.
Dafür gibt es auch im Ausbau Beispiele, etwa die Wertigkeit des Sanitärbereichs. Bäder sind heute Wohnräume, in denen ebensoviel Geld wie Design steckt und die man auch gern den Gästen vorführt. Hier ist es der Sanitärindustrie, dem Sanitärgroßhandel und dem Sanitärhandwerk eindrucksvoll gelungen, durch kooperative Marktkommunikation und konsequente Präsentation auf breiter Front in die Köpfe der Kunden zu kommen. Aber wie gelingt es, zum Beispiel dem hochwertigen Innenausbau im Wohn- wie im Arbeitsbereich eine ähnlich hohe Wertigkeit im Verbraucher- bzw. Investorenbewusstsein zu verschaffen? Zumal in Zeiten, in denen immer weniger neu, vielmehr umgebaut wird, der Innenraum inhaltlich und programmatisch wesentlich an Bedeutung gewinnt? Die ZEG Zentraleinkauf Holz + Kunststoff eG wollte es genau wissen und lud hochkarätige Branchenvertreter aus BDIA, Hochschule, Industrie, Handwerk und Großhandel zum 2. ZEG-Expertengespräch nach Wiesbaden ein.
Die zehn wichtigsten Forderungen:
- Holz ist ein Sympathieprodukt und hat schon dadurch einen Bonus!
- Am Anfang der Beratung muss die ausführliche Beschäftigung mit dem Bauherrn stehen!
- Beratung durch Innenarchitekten und Schreiner muss eine geldwerte und berechenbare Leistung sein!
- Der Fachhandel muss in seinen Ausstellungen Erlebnisräume schaffen!
- Er muss mit virtuellen Design-Studios für die Vor-Ort-Beratung den Schreiner zum Raumdesigner machen!
- Frauen sind die „entscheidende“ Zielgruppe – sie müssen im Fokus stehen!
- Industrie muss mit Innovationen Trends setzen und bestehende Trends unterstützen!
- Regelmäßige interdisziplinäre Denkforen Industrie/Fachhandel/Planer/Ausführende sind Voraussetzung für nachhaltigen Branchenerfolg!
- Konzentrierte Kommunikationsoffensiven für hochwertiges Innendesign ist Voraussetzung für nachhaltiges Marketing!
- Der Schlüssel zum Markterfolg ist die Verknüpfung von Holz mit Wertigkeit, Emotion und Lebensgefühl!
Elfie Adler
Geschäftsführerin ESG Einkaufs- und Servicegesellschaft mbH und FAMAB Verband Direkte Wirtschaftskommunikation e.V.
„Warum entscheide ich mich für das eine hochwertige Produkt und nicht für ein anderes? Service, Sicherheit, Termingenauigkeit – diese Waren- und Dienstleistungsqualität setze ich einfach voraus. Kaufentscheidungen fallen aus ganz anderen Gründen. Nämlich wegen meines Vertrauens in eine Marke, die für mich mit bestimmten Werten aufgeladen ist. Und weil sie sich für mich mit Emotionen verbindet. Letztlich kaufen und verkaufen wir – und das gilt im Bereich der Raumgestaltung ganz besonders – in erster Linie gute Gefühle.“ „Der Messebau setzt von jeher die Designtrends. Wir wollen Atmosphäre, und dafür müssen wir die ganze Klaviatur des multisensualen Instrumentariums spielen. Wo Optik, Haptik und Akustik nicht zusammenklingen, stellt sich kein Wohlgefühl ein. Aber mit Holz geht das!“
Wolf Deiß
Geschäftsführung Artis GmbH
„Der Kulturverlust, den wir beklagen, ist zu einem guten Teil der Verlust des Bewusstseins und der Wertschätzung von Qualität. Wer nicht weiß, was in zehn Jahren noch hält und noch gefällt, der wird die Wegwerfmentalität auch auf das Gebiet der Lebensraumgestaltung übertragen. Wer Nachhaltigkeit leben will, wird dagegen in seinem Lebensraum auf ein hohes Maß an Design- und Materialqualität setzen. Hier haben wir mit dem ökologischen Werkstoff Holz, dem Inbegriff von Nachhaltigkeit schlechthin, den Schlüssel in der Hand.“ „Wir verkaufen Emotion über die Rationalität: Erst müssen wir beim Profikunden mit Argumenten ‚Duftmarken’ setzen, z.B. mit Aussagen zur Verformbarkeit. Dann müssen wir mit Materialproben die Argumente sinnlich erfahrbar machen. Aber am Ende muss die emotionale Ansprache kommen.“
Gerd Fähler
Vorstandssprecher, Vorstand Vertrieb + Marketing ZEG Zentraleinkauf Holz + Kunststoff eG
„Unsere erste Aufgabe ist es, Kundenbedürfnisse zu erkennen und dann zu befriedigen. Dafür brauchen wir von der Industrie authentische Produkte, die Geschichten erzählen, die von unserer Zielgruppe auch verstanden werden. Die dafür taugen, Wohlfühlräume zu gestalten, die zum Cocooning verführen.“ „Der Handel ist nicht nur in logistischer Hinsicht Mittler zwischen Herstellern, Planern und Ausführenden. Er ist vor allem Seismograph und Impulsgeber für neue Gestaltungstrends, ‚Filter’ für das (Über-)Maß der verfügbaren Dekore und ‚Übersetzer’ der Produktideen der Industrie für die Anwendung in der Praxis. Wir müssen Marktvielfalt begreifbar machen. Dazu gehört manchmal auch zu sagen, was es nicht mehr gibt, weil wir als ein der Umwelt verpflichtetes Unternehmen Verantwortung dafür tragen, womit wir Geschäfte machen.“
Markus Hütt
Geschäftsführer Vertrieb & Marketing JELD-WEN Deutschland GmbH & Co. KG
„Wir verschenken viel zu viel Potential, wenn wir nicht sehr viel konsequenter als bisher aus den gewohnten Denk- und Handlungsschienen ausbrechen und den vertriebsstufenübergreifenden und branchenumfassenden Dialog suchen. Im interdisziplinären Gespräch ist die Summe des Ertrags bekanntlich immer höher als die Summe der Teilnehmer. Wenn wir von Anfang an, das heißt schon im Vorfeld von Produktentwicklungen, interdisziplinäre Denkwerkstätten einrichten und die vernetzte Kommunikation bis zum Ende des Vertriebsprozesses durchhalten, werden alle Beteiligten, Industrie, Holzhandel, Schreiner und Designer, mit weniger Aufwand mehr Nutzen haben.“ „Wer erfolgreich verkaufen will, verkauft nicht ein Produkt, sondern ein Lebensgefühl, das heißt ein Produkt, das Geschichten erzählt und das Wertigkeit und Emotionen verbindet. Die Harley ist dafür das klassische Beispiel.“
Udo Papenberg
Geschäftsführer AV Design GmbH
„Ist mit Luxus das Außergewöhnliche gemeint mit einer Ausstrahlung über das rein Materielle hinaus? Dann gehören Manufakturoberflächen ganz klar dazu. Meint man damit das Verschwenderische ohne passenden Gegenwert; dann kann man das genauso eindeutig verneinen. Preislich interessant und durchaus vertretbar in Bezug auf das gesamte Investitionsvolumen im Ladenbau, können diese Oberflächen als Akzent oder umfassend eingesetzt werden. Nahezu unkopierbar, sind die Investitionen in ein einmaliges Erscheinungsbild geschützt. Gewonnen ist das Kommunikationsmittel „Oberfläche“ mit hohem Wiedererkennungswert und einer starken emotionalen Aussagekraft.“ „Auch im Ladenbau ist die Ware nur die halbe Miete. Die andere Hälfte trägt die gelungene Gestaltung bei, die das Produkt in den richtigen Präsentationsrahmen stellt und den Kunden in eine Wohlfühl- und Erlebniswelt führt.“
Christof Rauen
Geschäftsführer Resopal GmbH
„Es genügt nicht, Oberflächen für Wohlfühlräume wie z.B. sanitärraumfähige Schichtstoffe in Holzoptik für außergewöhnliche Bäder zu entwickeln, um ein nachhaltig positives Image zu bekommen. Wer glaubhaft Nachhaltigkeit vermitteln will, muss bei sich selbst anfangen, in der umweltverträglichen Produktion, in der Energienutzung, im Umgang mit Nachbarn und Mitarbeitern. Dann verändert sich das Bewusstsein der Mitarbeiter, und der Marktauftritt gewinnt an Glaubwürdigkeit. Wenn dann auch noch die Nominierung zu den Top 3 des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2012 dazukommt, ist das ein gutes Indiz für den richtigen Weg.“ „Wir haben uns mit dem Trend zu wachsender Individualisierung mit immer schnelllebigeren Moden und zunehmendem Preisverfall auseinanderzusetzen. Das zwingt die Hersteller zu einer betriebswirtschaftlichen Gratwanderung zwischen Kollektion und Individualität, zwischen Qualität und Preiskampf. Aus dieser Schere kommen wir nur über die emotionale Ansprache. Emotion ist die Schnellstraße des Verkäufers.“
Louis Schnabl
Baufachjournalist, Geschäftsführer IKBT Institut für Kommunikation Bau und Technik
„Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Und der Fisch, der über Fragen des Innendekors entscheidet, ist in über 80% aller Fälle die Frau. Also muss sie auch in den Fokus der Ansprache rücken.“ „Wer in die Köpfe und noch mehr in den Bauch der Menschen will, wer ihren Lebensraum gestalten soll, muss erst einmal diese Menschen verstehen und sie erreichen. Aber ausgerechnet die, die für das Wohlfühlgefühl beim Wohnen und bei der Arbeit verantwortlich sind – Architekten, Innenarchitekten, Handwerk und Fachhandel – bekommen kein Geld für die individuelle Beratungsleistung, die jeder Planung vorausgehen sollte. Sie haben nicht wirklich Zeit, sich im Vorfeld der Planung mit diesen Menschen zu beschäftigen, um zu erfahren, wer sie sind. Anders als in der Werbung, die ihre Zielgruppen nahezu seziert hat, alles weiß, ist der Handwerker, der Innenarchitekt beim Umgang mit seinen Kunden praktisch auf sich allein gestellt.“
Prof. Dipl.-Ing. Wolfgang Schricker
Vizepräsident Bund Deutscher Innenarchitekten BDIA, Professor Hochschule Coburg, Inhaber Planungsatelier / Planungsbüro
„Viele Kollegen sehen nur den Raum als „l´art-pour-l´art“ – da ist die Innenarchitektur gar nicht auf den Menschen vorbereitet. Oder sie haben allenfalls einen genormten Durchschnittsmenschen im Blick. Ich sage meinen Studenten: Wenn ihr gute Architekten bzw. Innenarchitekten werden wollt, müsst ihr als erstes die Menschen lieben. Nicht Selbstverwirklichung des Planers ist gefragt, sondern Empathie. Ihr müsst euch Zeit für den Menschen nehmen, weil die Erfüllung ihrer Lebensträume der einzig relevante Maßstab dafür ist, ob Innenarchetektonische Konzepte gelingen. Es gilt, den humanen – nicht nur den sozialen – Gedanken in den Mittelpunkt zu stellen.“ „Die Menschen müssen die Dinge nutzen. Menschen ändern sich. Deshalb muss auch Innenarchitektur so flexibel sein, dass sie sich mit dem Menschen zusammen verändern kann. Wenn wir die Instrumente dafür auf den Tisch legen, werden die Menschen auch anfangen, mit ihnen zu spielen.“