Holzhandwerk & Fachhandel – Herausforderung Zukunft

Wohin geht der Markt?
Die Holzbranche ist im Umbruch. Was gestern noch selbstverständlich war, ist heute in Frage gestellt, und niemand weiß, was morgen von traditionellen Strukturen noch übrig bleibt. Welchen Erwartungen muss die Industrie gerecht werden? Wer versorgt künftig das ausführende Handwerk, Genossenschaft und Fachgroßhandel oder Baumarktketten? Und welches Handwerk – den klassischen Schreiner mit Werkstatt und eigenem Lager oder den „fahrenden Schreiner“ mit Montagefahrzeug und Laptop? Die ZEG Zentraleinkauf Holz + Kunststoff eG wollte es genau wissen und lud hochkarätige Branchenvertreter aus Industrie, Handwerk, Großhandel, Verbänden und Hochschulen zum 1. ZEG-Expertengespräch nach Frankfurt.
Die zehn wichtigsten Forderungen:
- Dezentralisierung der Auslieferungsläger, näher zum Kunden
- bewusste Vermarktung des Thema Nachhaltigkeit
- Trend zur Hochwertigkeit durch innovative, beratungsintensive Produkte
- kooperative Kommunikation der Branchenthemen nach außen
- Trends aufnehmen und Themen besetzen statt zu reagieren
- Forcierung von Aus- und Weiterbildung
- Entwicklung einer branchenübergreifenden Nomenklatur zur Vereinfachung des Bestellwesens
- Zusammenführung bzw. gemeinsame Schnittstellen zwischen technischer und kaufmännischer Software
- (Umwelt-)Zertifizierung der Handwerksbetriebe
- Selbstverpflichtung der Branche zur Beschaffung aus konsequent nachhaltiger Forstwirtschaft

Gerd Fähler
Vorstand Vertrieb und Marketing ZEG Zentraleinkauf Holz + Kunststoff eG (Stuttgart)
„Die Finanzkrise war Wasser auf die Mühlen der Genossenschaft. Sie war zugleich eine Vertrauenskrise, die den Blick geschärft hat für Werte, die nicht zur Disposition stehen. Jährlich 200 neue ZEG-Mitglieder beweisen: Das Traditionsmodell Genossenschaft ist modern und attraktiv wie eh und je.“ „Die vielleicht größte Herausforderung der Zukunft ist die Logistik – und sie innovativ aufzustellen greift in alle unsere Strukturen ein. Der tägliche Stau auf den Straßen, die rechtlichen und sicherheitstechnischen Restriktionen, die sich wandelnden Anforderungen einer sich wandelnden Zielgruppe fordern neue Antworten. Mit einer bundesweiten Standortpolitik, mit dezentralisierten, aber vernetzten Lägern, mit softwaregesteuerter Frachtenoptimierung und nicht zuletzt mit den Investitionen in unsere derzeit 100 LKW und 120 Fahrer schaffen wir die Voraussetzungen, dass unsere Kunden zu wirtschaftlich optimierten Bedingungen tatsächlich zur rechten Zeit am rechten Ort haben, was sie brauchen.“

Thomas Goebel
Geschäftsführer GD Holz Gesamtverband Deutscher Holzhandel e.V. (Berlin):
„Unser Geld verdienen wir mit dem Verkauf von Produkten. Verkauft werden sie aber von Menschen. Deshalb sind die Investitionen in ‚human ressources’ für uns überlebensnotwendig. Und deshalb müssen wir unter den Bedingungen des demographischen Wandels alles auf die Qualifizierung des Nachwuchses setzen.“ „Der erfolgreiche Holzhandel kann bleiben, wie er ist, nämlich den veränderten Rahmenbedingungen und dem Wettbewerb immer einen Schritt voraus. Wir müssen Trendthemen wie Nachhaltigkeit früher aufgreifen und besser kommunizieren als andere. Wir müssen als Impulsgeber – Beispiel EU-Holzhandelsverordnung – selber im Markt die Pflöcke einschlagen. Wir dürfen innovative, erklärungsbedürftige Produkte nicht nur handeln, sondern müssen unseren Handwerkerkunden auch die Möglichkeit schaffen, diese ihren Endkunden in unseren Ausstellungsräumen zu erklären. Und wo die Industrie auf Kosten einer nachhaltig akzeptablen Marge in die Baumärkte geht, mit eigenen, hochwertigen Handelsmarken Gegenposition beziehen.“

Sven Mischel
Geschäftsführer CREATIVE PARTNER GmbH & Co. KG (Leonberg)
„Wir dürfen die richtigen Maßnahmen nicht an falschen Erwartungen messen. Marketing bringt nicht Aufträge, schon gar nicht sofort, sondern Bekanntheit. Die ist aber eine zentrale Voraussetzung, um Aufträge zu generieren. Denn wenn der Auftrag ansteht, checke ich als Endkunde, wen ich kenne, um meine Wünsche zu erfüllen, meine Probleme zu lösen.“ „Eine der Maßnahmen, von denen unsere Mitgliedsunternehmen besonders profitieren, sind die regelmäßigen Erfa-Gruppen. Offenheit für Neues setzt natürlich Offenheit für andere voraus, aber die Bereitschaft zu mehr Transparenz des eigenen Unternehmens wird belohnt durch eine Fülle von Impulsen, die mehr bringen als das Consulting branchenfremder Unternehmensberater. Weil der geschärfte Blick des Kollegen eben auch die betriebsblinden Flecken erfasst. Die Befruchtung ist gegenseitig und führt dazu, dass von betrieblichen bis zu vertrieblichen Prozessen der Vorsprung erarbeitet wird, der im harten Wettbewerb mehr Zukunft eröffnet.“

Hans Peters
Geschäftsführer Institut Bauen und Umwelt e.V. (Königswinter)
„Nachhaltigkeit und Entwicklung sind ohne Kommunikation nicht denkbar. Aber da wir nicht nur in einer Informationsgesellschaft leben, sondern in einer Informationsüberflussgesellschaft, müssen wir dafür die richtigen Werkzeuge finden, von klassischer PR bis zu den neuen sozialen Medien.“ „Nachhaltigkeit ist ein Megatrend, der nicht nur Deutschland erfasst hat, sondern weit über die Grenzen hinaus den Markt bestimmt. Dabei sind wir, was die Bauprodukten-Verordnung oder die EU-Bestimmungen angeht, die der Industrie ab 2013 Angaben zur Nachhaltigkeit ihrer Produkte auferlegen, eher noch am Anfang. Entgegen der weit verbreiteten Annahme, Nachhaltigkeit sei das Gegenteil von preiswert, wird sich das ökologische Umdenken mit Blick auf Ressourcen- und Energieminimierung langfristig als ökonomische Wende erweisen. Dabei hat die Holzbranche einen Riesenvorteil: Forstwirtschaft ist eh das Paradebeispiel für nachhaltige Wirtschaft, und Holz das Produkt mit dem besten Nachhaltigkeitsimage.“

Louis Schnabl
Baufachjournalist IKBT, Institut für Kommunikation Bau und Technik (Düsseldorf)
„Kommunikation ist der Schlüssel für alle Herausforderungen. Aber Kommunikation, die nicht nur über Funktionen argumentiert, sondern über Emotionen anspricht. Wir argumentieren viel zu häufig technisch statt emotional.“ „Die Branche ist im Umbruch. Die Rahmenbedingungen ändern sich permanent. In der Industrie sind extreme Konzentrationsbewegungen zu beobachten. Im Handel liefern sich Fachgroßhandel und Genossenschaften mit den Baumärkten einen Wettlauf um die Gunst der Profis. Bei den Verarbeiterbetrieben führt der Wandel zu einer Zweiteilung in „fahrende Montageschreiner“ ohne Werkstatt und Lager auf der einen und die klassischen Handwerksbetriebe auf der anderen Seite. Hier macht der Markt deutlich, dass wir uns künftig völlig neuen Anforderungen zu stellen haben.“

Ulrich Simon
Simon Schreinerwerkstätte GmbH (Hupperath) Vertriebsleitung Brandschutztüren und Zulieferung Industrie- und Handwerksbetriebe
„Wir Schreiner erwarten von Industrie und Handel ein klares Bekenntnis zum Handwerk und nicht die flatterhafte Zuwendung mal zu diesem, mal zu jenem Kundenkreis. Wir erwarten Dienstleistungen, die dem Handwerk helfen, sich besser zu vermarkten. Und wir erwarten Fairness und Zuverlässigkeit, wobei letztere wichtiger ist als absolute Lieferschnelligkeit.“ „Ohne den Faktor Mensch geht es nirgendwo, gerade im Handwerk. Deshalb trifft uns die demographische Herausforderung in besonderem Maße. Und weil es nicht nur zahlenmäßig weniger Nachwuchs gibt, sondern dieser auch noch zunehmend schlechter qualifiziert aus den Schulen kommt, stehen wir im harten Wettbewerb mit anderen Branchen um die besten und motiviertesten Schulabgänger. Zumal auch der Wandel des Berufsbildes und die Verlagerung von der Handarbeit in der Produktion zur Denkarbeit im Büro die Anforderungen weiter in die Höhe treiben. Angesichts der Kosten für die Ausbildung kann sich kein Handwerksbetrieb einen Fehlgriff leisten.“

Prof. Dr. Matthias Zscheile
Professor für Fertigungs- und Holztechnik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften / Fachhochschule (Rosenheim)
„Die meisten Probleme in Holz produzierenden oder weiterverarbeitenden Betrieben treten nicht in der Maschinentechnik auf, sondern in der Logistik und der Baustellenorganisation. Dieses Feld müssen wir auch verstärkt in Lehre und Forschung aufnehmen. „Entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens ist nicht nur die Modernität des Maschinenparks. Die Maschine kann schließlich jeder kaufen. Es ist zu 70% das technische und organisatorische Beherrschen des Prozesses von der Fütterung der Steuersoftware mit den relevanten Daten über das Qualitätsmanagement bis zur Logistik. Hier ist auch künftig weniger der klassische Schreiner gefragt als vielmehr der Holzmechaniker als Maschinenbediener auf der Umsetzungsebene und der Prozessmanager auf der Steuerungsebene. Dabei ist auch ein hohes Maß an Flexibilität gefragt. Nicht selten hat die Einführung einer neuen Betriebssoftware ein Unternehmen mit seinen Betriebsabläufen und seiner Organisationsstruktur komplett umgepolt.“

Rainer Zumholte
Geschäftsführer Vertrieb und Marketing Pfleiderer Industrie GmbH und wodego GmbH (Gütersloh)
„Unsere elementare Aufgabe ist es, über den Handel als Feindistributor die Verfügbarkeit der Ressource Holz für das Handwerk sicherzustellen. Dazu bedarf es nicht nur saubere Logistikkonzepte, sondern auch innovativer Entwicklungen wie zum Beispiel unserer Leichtspanplatten.“ „Auch die Industrie muss sich den Veränderungen in der Holzbranche stellen. Was wir tun müssen, ist, uns mit Handel und Ausführenden besser zu vernetzen, gemeinsam an Konzepten zu arbeiten und dafür ein differenziertes Handlungsinstrumentarium erarbeiten. Jedenfalls sollten wir ein gesundes Misstrauen entwickeln, wo der Wechsel von ‚Preise rauf, Preise runter und Preise rauf’ das einzige Marktinstrument bleibt. Unternehmen mit Gewinnermerkmalen dagegen zeichnen sich durch innovative Logistik und Dienstleistungen sowie hohe Beratungsqualität aus.“